Fachkommission Bautechnik: Balkonkraftwerke sind keine Bauprodukte

Sind Balkonkraftwerke Bauprodukte? Nein, sagt jetzt die Fachkommission Bautechnik der Länder. Damit würden viele Vorgaben an die Hardware nicht gelten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 18 Kommentare lesen
Ein Balkonkraftwerk an einem Balkongitter.

Ein Balkonkraftwerk an einem Balkongitter. Nach Auffassung der Fachkommission Bautechnik kein Bauprodukt.

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Mahn

Wer sein Balkonkraftwerk in über vier Metern (ab Moduloberkante) über einer Verkehrsfläche installiert, müsse genau darauf achten, welche Photovoltaikmodule infrage kommen – es gelten die Anforderungen an Bauprodukte und einschlägige Normen. So schrieben es Architekten, Versicherungen, Händler und Hersteller bisher. Nach der Norm DIN 18008 sind günstige Glas-Folien-Module (meist zu erkennen an einer weißen Rückseite) als Bauprodukte in solchen Höhen nicht zugelassen. Nur Glas-Glas-Module, die einem Heißlagerungstest unterzogen wurden, der die Gefahr eines spontanen Bruchs weitgehend ausschließt, wären demnach für Balkonkraftwerke ab dem dritten Stock geeignet.

Auch an die Befestigungsmaterialien müsste man nach dieser Rechtsauffassung die Anforderungen für Bauprodukte stellen, die zum Beispiel auch für Befestigungen von Fassadenverkleidungen gelten. Als Verkehrsfläche gelten dabei nicht, wie irrtümlich oft beschrieben, nur öffentliche Straßen, sondern laut DIN 277 alle Flächen die "der horizontalen und vertikalen Verkehrserschließung oder der Verkehrssicherung eines Gebäudes" dienen. Also auch Fußwege und Fluchtwege auf dem eigenen Grundstück.

Doch diese Rechtsauffassung ist ins Wanken geraten: Gegenüber Golem.de erklärte Martin Rücker, Vorsitzender der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz, in der sich Baurechtsexperten der 16 Länder beraten, dass das Gremium übereingekommen sei, Balkonkraftwerke seien keine Bauprodukte im Sinne der Landesbauordnungen (Paragraph 2). Gegenüber heise online erklärte Rücker, der für das Innenministerium Schleswig-Holstein arbeitet, dass das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) "in Kürze eine entsprechende Bekanntmachung" auf der Website veröffentlichen werde.

Als Bauprodukt bezeichnet die Musterbauordnung, die von den Ländern in Landesbauordnungen übernommen werden in Paragraph 2, Absatz 10: "Bauprodukte Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden." Weil ein Balkonkraftwerk nicht dauerhaft eingebaut wird, handle es sich auch nicht um ein Bauprodukt. Allgemeine Anforderungen an Sicherheit und Ordnung seien aber weiter einzuhalten – Balkonkraftwerke sind damit zum Beispiel Blumentöpfen am Balkon gleichgestellt.

Diese Auslegung des Gremiums habe, so Rücker gegenüber heise online, durchaus Gewicht, da „die Länder für das Bauen und zu der in Rede stehenden Fragestellung somit die obersten Bauaufsichtsbehörden zuständig sind. Auslegungen zu entsprechenden Fragestellungen werden von uns vorgenommen und haben rechtlich gesehen den Status eines Erlasses." Gerade für Mieter, die gegenüber Hausverwaltung, Vermieter oder Versicherung Argumente für ihr Balkonkraftwerk suchen, dürfte die erwartete schriftliche Bekanntmachung des DIBt hilfreich werden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Folgt man der Rechtsauffassung der Fachkommission, kommen künftig auch große Photovoltaikmodule für Balkonkraftwerke infrage, die mehr als 2 Quadratmeter Fläche haben – solche wollen chinesische Hersteller jetzt mit einer standardisierten Größe verstärkt anbieten. Bisher gilt die allgemeine Zulassung für Photovoltaikmodule in Deutschland nur bis zu einer Größe von 2 Quadratmetern. Eine Aufhebung der Grenze hatte das DIBt bereits auf den Weg gebracht, die Umsetzung in 16 Landesgesetzgebungen ist aber noch nicht erfolgt.

(jam)